Ich wollte: ein paar Bilder machen für einen neuen Blog-Beitrag. Es wurde: Ein persönlicher Spaziergang durch meinen Garten voller Blüten, Bienen, Gedanken – über Heilung, Handwerk und das stille Glück zwischen Rosmarin und Rosen.

 

Zwischen Rosenduft und Raschelblättern – warum dein Garten (vielleicht) manchmal besser heilt als eine Tablette

Kennst du das auch? Du gehst nur mal kurz raus – „nur schnell die Wäsche aufhängen“ – und plötzlich bleibst du stehen. Weil da dieser Duft in der Luft liegt. Nicht laut, nicht aufdringlich. Eher wie ein Flüstern. Irgendwas zwischen Rose, Erde, Sommerregen und einem Hauch Abenteuer. 

Wenn der Mai explodiert 

Manchmal wirkt der Garten im Mai und Juni wie ein einziges, überbordendes Blütenfest. Es ist irgendwie plötzlich alles gleichzeitig da: Der Jasmin duftet schwer, der Frauenmantel sprüht seine gelbgrünen Lichtpunkte in die Beete. Die Spiersträucher zeigen noch ihre letzten weißen Wölkchenn, während die Iris schon mit Hoher Eleganz zwischen den Stauden leuchten - Der weißblühende Holunder erhellt die Ecken im Garten.

Die Katzenminze blüht dieses Jahr ganz besonders üppig. Und wer genau hinsieht, bemerkt zwischen all dem Blau und Violett: Hier tanzen unzählige, wollige, kleine Wildbienen. 

(Katzenminze "Six Hills Giant")

Der Perückenstrauch breitet schon jetzt seine rötlich-zarten Schleier aus, während der Rosmarin in lila Blütchen fast ein wenig schüchtern danebensteht – aber nie übersehen wird, wenn man die summenden Gäste zählt. Er ist mehr als reich besucht. Und Hummeln bringen die pinken Holunderblüten zu Fall ❤️

(Holunder "Black Knight")

Und Die Rosen? Überall. Ramblerrosen, die am Kirschbaum hochklettern, so dass er zweimal im Jahr blüht. Die historischen Strauchrosen, die sich in alle Richtungen strecken. Alte Damaszenerrosen mit einem Duft, der Erinnerungen weckt, selbst wenn man ihn noch nie gerochen hat. Wenn man daran vorbeigeht, riecht es so, als sei der Garten mit Parfum eingesprüht.

(eine meiner Lieblingsrosen: die Kordes-Rose "Jasmina", sie riecht nach Apfel und frisch gewaschener Wäsche)

Und ehe du dich versiehst, stehst du da… und atmest einfach nur. Ganz tief. Ganz still. Ich liebe diesen Moment. Denn er ist wie eine kleine Erinnerung daran, dass Heilung manchmal ganz unspektakulär beginnt. Zwischen Beeten, zwischen Blüten, zwischen all dem wilden, unperfekten Wachsen. 

(Pfingstrose "Gräfin von Zeppelin")

Die Sprache der Pflanzen – oder: Was Terpene mit deinem Wohlbefinden zu tun haben

Zwischen den Pflanzen passiert etwas, das schwer zu benennen ist – aber leicht zu spüren. Die Luft ist anders. Weicher. Sauerstoffreicher. Und das liegt nicht nur am Gefühl, sondern auch an den Bäumen rundherum, die Terpene aussenden – kleine Duftmoleküle, die das Nervensystem beruhigen und sogar das Immunsystem stärken.

Terpene? Klingt erstmal wie etwas, das im Chemiebaukasten deiner Kindheit herumgeklackert ist. Aber in Wirklichkeit sind Terpene die duftenden Botschafter der Natur. Diese ätherischen Duftstoffe, die Pflanzen verströmen – nicht für uns Menschen gedacht ursprünglich, sondern für ihre ganz eigene Kommunikation. Ein bisschen wie „psst, hier ist eine leckere Blüte“ für Insekten oder „geh mir aus dem Weg“ für andere Pflanzen. Und ja, auch ein bisschen „Ich bin stark“ gegen Schädlinge. Aber das Wunderbare: Wir Menschen reagieren auch darauf.

Wenn du durch den Wald gehst und dieser besondere Duft nach feuchtem Moos, nach Nadeln, nach frisch gebrochener Rinde in der Luft liegt – dann atmest du Terpene ein. Und die haben es wirklich in sich: Sie beruhigen unser Nervensystem, senken dein Stresslevel, unterstützen das Immunsystem.

(Eukalyptus "Azura")

Und die Farbe - Grün war nicht ohne Grund die Farbe vieler Krankenzimmer (und Finanzämter)– sie beruhigt. Aber ein echtes Blatt, eine echte Blüte, ein echter Schatten unter einem großen, alten Baum – das ist nochmal was anderes.  Hier kann man sitzen. Einfach nur sitzen. Und merken, dass der Lärm leiser wird – außen und innen. Dass man wieder atmet. Dass der Boden trägt. Dass der Ärger nachlässt und man sich innerlich aufräumt.  

Die Japaner nennen das Shinrin Yoku – Waldbaden. Wir Deutschen würden einfach sagen: „Ich muss mal in den Wald, um den Kopf freizukriegen.“ 

(Ginkgo biloba "Mariken")

Zwischen wilden Möhren und Ginkgo-Blättern: Mein Garten als kleines Paradies

In meinem Garten wächst nicht alles gerade. Oder ordentlich. Dafür wild, duftend, flatternd. Die alte weiße Rose am Zaun, die sich jedes Jahr aufs Neue durch den Lavendel schiebt. Die zarten Gräser, die im Wind tanzen wie kleine Feen. Und dazwischen blüht – fast ein bisschen heimlich – meine wilde Möhre. Eine der zartesten und schönsten Blumen überhaupt. Die filigranen Dolden sind wie kleine Sternenhimmel, und sie ist nicht nur wunderschön, sondern auch ein prima Insektenfutter.

Es sind diese kleinen Rituale – das Barfußlaufen durchs Gras, das Kräuseln der Luft am Abend, der leise Summchor der Insekten – die mich erden. Und ja, auch heilen. Wenn ich morgens mit einem Kaffee in der Hand auf meiner Bank am Ende des Gartens sitze und mich die ersten Sonnenstrahlen treffen -  dann ist das mein persönliches, kleines Wunder.

Hier darf alles leben – wenn es nur will 

In diesem Garten wird eher selten ausgegraben, was sich selbst ausgesät hat. Wenn etwas wächst, dann wird zuerst geschaut, ob es sich vielleicht gerade selbst seinen Platz gesucht hat. Oft passt das nämlich erstaunlich gut. Die Pflanzen wissen mehr über Standort, Licht und Boden als man selbst. So bleibt dann einfach vieles stehen. Für die Tiere. Fürs Auge. Fürs Herz.  Die Haselnusssträucher dürfen bleiben – für die Eichhörnchen, die mit akrobatischer Leichtigkeit darin herumturnen. In den Trockenmauern leben Eidechsen, die sich in der Morgensonne aufwärmen. Und - ganz wichtig: Überall stehen kleine Wasserschalen – für Vögel, Bienen, Käfer. Viele davon sind selbstgegossen, mit kleinen Rillen, damit auch die allerkleinsten Gäste nicht ausrutschen.  Was für manche unordentlich wirkt, ist hier hoffentlich ein einladender Lebensraum. Freundlich und vielfältig. Ein Versteck für Schüchterne.  

(wilde Veilchen)

Gartenarbeit ist keine Pflicht – sie ist ein Versprechen

Ein Versprechen an mich selbst: Dass ich atme. Dass ich mit den Händen etwas schaffe, statt nur im Kopf zu sein. Dass ich verlangsamen darf, ohne untätig zu sein. Und dass ich – ganz leise, ganz still – verbunden bin mit etwas, das größer ist als der nächste Termin oder der neueste Algorithmus. 

Ich drücke diese Verbindung manchmal in Ton. In kleine Schalen, geprägte Blätter,zarte Blütenstrukturen. Aber sie beginnt immer draußen. Draußen, bei den Terpenen. Und bei den Rosen, die duften, auch wenn niemand hinschaut.  Vielleicht ist es an der Zeit, deinen Garten nicht nur als Ort zum Gießen und Jäten zu sehen – sondern als dein ganz persönliches kleines Heilungszimmer. Mit Duft. Mit Leben. Mit dir mittendrin. 

 

Wenn Pfötchen durch die Katzenminze tapsen 

Und auch mittendrin: meine Tiere. Wachsam, wuschelig, die Nasen im Wind. Immer bereit, auf Schneckenjagd zu gehen oder einfach nur neben mir zu liegen, wenn ich pflanze, rupfe, buddle, staune. Sie wissen genau, wo es am schönsten ist: im Schatten der Ramblerrose. Oder mitten in der Katzenminze. Oder direkt neben dem selbstgegossenen Vogelbad, das sie gelegentlich auch selbst benutzen – aus reiner Lebensfreude.  Sie gehören dazu. Wie der Duft nach Lavendel. Wie das Plätschern beim Gießen. Wie das Lächeln, das unwillkürlich kommt, wenn man sie entdeckt – eingerollt wie kleine Blumen, im Beet versteckt oder im Schatten dösend, aber immer eine Bewegung im Blick. Oder einen Geruch in der Nase, wenn jemand grillt ;) sie sind die allerschönsten Blümchen ❤️❤️

Ein Dackel aus Ton. Ein Herz aus Gold. 

Und weil nicht jeder das große Glück hat und ein echtes Tier bei sich hat, gibt’s eben auch Anton. Der Dackel aus Beton und Keramik – mit dem großen Herz. Er steht manchmal im Garten. Und manchmal im Regal. Und erinnert daran, dass man überall ein Zuhause finden kann. Drinnen wie draußen. 

Ein Garten muss nicht groß sein. Nicht perfekt. Nur offen. Für das, was kommt. Was bleibt. Und was uns ein Lächeln ins Gesicht zaubert.